Zunahme prekärer Jobs als Erfolg verkauft

Artikel in der jungen Welt vom 29.06.2007

Inland
Peter Wolter

Die neuen Arbeitsmarktzahlen dienen vorwiegend zur Selbstbeweihräucherung

Müntefering & Co. jubeln, die staatsfrommen Me­dien stimmen ein: Die Arbeitslosigkeit ist im Juni auf 3,687 Millionen Menschen gesunken, rund 125 000 weniger als im Vormonat. Die offiziellen Angaben, die die Bundesagentur für Arbeit (BA) am Donnerstag in Nürnberg präsentierte, dürften allerdings weit übertrieben sein: Was als Erfolg verkauft wird, beruht zum großen Teil darauf, daß Arbeitssuchende in »prekäre« Jobs vermittelt wurden, die entweder Leiharbeit, zeitlich befristet oder gering bezahlt sind. Hinzu kommen statistische Veränderungen bei der Einstufung von Arbeitslosen. Und wie immer bleibt unerwähnt, daß die tatsächliche Zahl der Arbeitslosen um zwei bis drei Millionen höher liegen dürfte, da große Personengruppen statistisch gar nicht erst erfaßt werden. Im europäischen Vergleich der Arbeitslosenraten liegt Deutschland nach wie vor am unteren Ende, beim Anteil der Langzeitarbeitslosen an der aktiven Bevölkerung gar auf dem vorletzten Platz vor Griechenland.

Geht man von den amtlichen Zahlen aus, waren in der BRD im Juni 712000 Menschen weniger arbeitslos als im Vergleichsmonat des Vorjahres. Die Arbeitslosenquote ist demnach von 9,1 auf 8,8 Prozent gesunken. Bei der Präsentation des Zahlenwerkes hob BA-Chef Frank-Jürgen Weise hervor, daß der Osten Deutschlands sogar »einen Tick mehr« vom Aufschwung profitiert habe. Dort sei die Zahl der Erwerbslosen um 49 000 auf 1,26 Millionen gesunken, in den alten Bundesländern um 76 000 auf 2,427 Millionen. Für das laufende Jahr rechnet Weise mit einem Monatsdurchschnitt von 3,8 Millionen Arbeitslosen.

Zahlen hin, Statistik-Tricks her - Bundesarbeitsminister Franz Müntefering nutzte die Gelegenheit zur Selbstbeweihräucherung: Die positive Entwicklung sei »kein beliebiger Konjunkturhopser«, sondern die Fortsetzung der »zielführenden« Politik seiner Partei, sagte er in Berlin. CSU-Chef Edmund Stoiber sprach gar von einer »sozialen Trendwende«.



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