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Koordinierungsstellen: Michael Maurer, m.m(at)dalichow-online.net (Brandenburg);
Ottokar Luhn, info(at)offenes-buendnis.de (Thüringen); Helmut Woda,
Helmut.Woda(at)web.de (Karlsruhe); Detlef Spandau, Detlef.Spandau(at)gmx.net
(Ostwestfalen/Lippe); Claudio Coladangelo, teoanacatl(at)web.de
(Giessen/Mittelhessen); Rainer Wahls, Rwahls(at)web.de (Berlin)
Vernetzungsbüro: Renate Gaß, R.Gass1(at)gmx.de (Kassel); Edgar Schu,
E.Schu1(at)gmx.de (Göttingen)
Wissenschaftliche Beratung: Peter Grottian, pgrottia(at)zedat.fu-berlin.de
Homepage: www.die-soziale-bewegung.de
Email: die-soziale-bewegung(at)web.de
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3. August 2005
5. September 2005: Hartz-Schluss
6-Stunden-Normalarbeitstag durchsetzen, um Erwerbsarbeit zu verteilen
Hartz-Gesetze zurücknehmen – bedingungsloses Grundeinkommen einführen
Liebe Mitstreiterinnen und Mitstreiter,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
das Aktionsbündnis Sozialproteste hat beim Workshop am 22. Juli in Erfurt beschlossen, am Montag, 5. September, einen sozialen Protesttag Hartz-Schluss zu veranstalten. Auch die Versammlung der Sozialen Bewegungen hat zum Abschluss des Sozialforums in Deutschland (21. bis 24. Juli in Erfurt) beschlossen, in möglichst mindestens 50 Städten, einen solchen Aktionstag zu veranstalten. Wir rufen alle Initiativen, Gruppen und Organisationen der Sozialen Bewegung hiermit dazu auf, eine Kampagne und als Höhepunkt einen sozialen Protesttag am 5. September durchzuführen.
Die sozialen Proteste haben die Zündschnur dafür gelegt, dass jetzt eine politisch offenere Situation vorhanden ist. Wir alle haben den Zerlegungsprozess der SPD angestoßen, wir haben erst den linken Parteigründern Mut gemacht, eine linke Partei ins Auge zu fassen. Wir waren nicht erfolgreich, um die Hartzgesetze zu verhindern, wir waren aber erfolgreich, dass heute die Herrschenden große Schwierigkeiten haben, eine neoliberale Politik so einfach durchzuziehen.
Aber: wir müssen uns erneut sichtbar, provozierend und konstruktiv zu Wort melden.
Deshalb sollen am 5.9. ganz unterschiedliche Aktionen auf der lokalen Ebene stattfinden, die aber bundesweit so vernetzt sind, dass eine bundesweite mediale Aufmerksamkeit auch mit gemeinsamem Plakat und Aufruf erreicht werden kann.
Anders gesagt: Die lokalen Bündnisse entscheiden vor Ort ihre jeweiligen Aktionen, melden sie vorab und aktuell an unser Vernetzungsbüro und dieses fasst die Vielfalt so zusammen, dass daraus – auch bei 10 - 15.000 Teilnehmern – eine bundesweite Aktion wird.
Wir wollen uns noch vor den Bundestagswahlen auf der Straße mit einem unübersehbaren Zeichen zurück melden. Wir fordern alle auf, zu zeigen, dass wir nicht nur Nein zu Hartz IV und der gesamten Agenda 2010 sagen. Wir wollen zeigen, dass wir menschenwürdige gesellschaftliche Perspektiven kennen und diese einfordern.
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Wir rufen alle auf, die seit August letzten Jahres gegen Hartz IV auf die Straße gegangen sind, alle die sich weder von der Agenda 2010 noch von einer schwarz-gelben "Agenda Arbeit" etwas erhoffen und alle, die für alle Menschen soziale Sicherheit einfordern:
Die Erwerbslosen, die nicht mehr länger der Willkür und Schikane einer immer beängstigender agierenden Bürokratie ausgesetzt sein wollen, und alle Menschen, die unter miesen, unsicheren Arbeitsbedingungen leiden.
Chronisch Kranke und andere benachteiligte Menschen, denen durch den sozialen Kahlschlag ihre Möglichkeiten, am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen, geraubt werden.
Migrantinnen und Migranten und Flüchtlinge, die das Ziel einer immer aggressiver gegen den Aufenthaltsstatus von Flüchtlingen vorgehenden Gesetzgebung und Überwachung sind.
Frauen, die durch jedes der unsinnigen Hartzgesetze mehr und mehr in ihre alte vom Mann wirtschaftlich abhängige Rolle zurück gedrängt werden und sich dagegen gemeinsam zur Wehr setzen.
Wir schlagen vor, dass Ideen für den sozialen Protesttag über unsere Vernetzungsstruktur gesammelt werden, per Email an: die-soziale-bewegung(at)web.de
Um die Aktionen medial aufbereiten zu können und vor allem, um eine bundesweite Pressearbeit schon im Vorfeld gewährleisten zu können, ist es wichtig, dass die Initiativen, Bündnisse und Organisationen, die Aktionen durchführen werden, dies per Email oder per Telefon an eine der regionalen Koordinierungsstellen oder an das Vernetzungsbüro weiterleiten.
Kontaktadressen, Telefonnummern und der aktuelle Stand der Kampagne sind von unserer Homepage zu erfahren und weitere Ideen werden dort veröffentlicht werden. Wir würden uns darüber freuen, wenn viele weitere Anregungen an unsere Vernetzung weiter gegeben würden. Damit über die Homepage möglichst viele andere interessierte Personen und Gruppen davon profitieren können.
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Wir können uns für diesen sozialen Protesttag verschiedenste Aktionen vorstellen. Hier nur einige Anregungen, die sicher durch eine Vielfalt von weiteren Aktionen ergänzt werden:
Wahlkampfinterventionen bei den herrschenden Parteien
"Produktive Störungen" von Bundestagskandidaten, die als vehemente Hartz-Verteidiger gelten, "verändern" von Wahlplakaten, Schließung von Wahlbüros von Spitzenkandidaten, Einmischung in Podiumsdiskussionen.
Hartz-Hearing – Zwischenbilanz eines Desasters
Hearing von unterschiedlichen Positionen: Betroffene, Arbeitsagenturen, ARGE, Parteien, Kirchen, Wohlfahrtsverbände, Wissenschaft. In einer schlanken Form könnte man das auch weniger aufwendig als Streitgespräch oder Podiumdiskussion ansetzen. "Anders arbeiten" in Berlin ist in der Vorbereitung eines solchen Hearings.
Begräbnis von Schröder, Clement oder Hartz auf dem jeweiligen Friedhof
... möglichst neben einem sozialpolitisch engagierten Verstorbenen (in Berlin z.B. neben Willy Brandt). Dieser Vorschlag ist doppelt provokativ: Er versenkt die aktuelle Politik und stellt sie ins Verhältnis zu möglicher sozialer Politik. Es gibt mit Sicherheit eine öffentliche Auseinandersetzung ("Pietät", "Geschmacklosigkeit"). Man könnte ganz seriös auf einer Traueranzeige in einer lokalen Zeitung „offiziell" zum Hartz-Begräbnis einladen. Ein verkleideter Pfarrer hält ebenso wie die Betroffenen eine Abschiedsrede. Wir könnten Schröder auch mit einer Maske antreten lassen, um den Abschied von der eigenen Politik zu zelebrieren. Ein gut lackierter Papp-Sarg sollte schon sein.
Demonstration – wir wollen sinnvoll arbeiten und menschlich bezahlt werden.
Wir können uns vorstellen, dass an diesem sozialen Protesttag in vielen Orten Demonstrationen stattfinden. Wir sollten unsere Forderungen nach einer anderen gesellschaftlichen Perspektive mit kürzerem Normal-Arbeitstag in die Öffentlichkeit tragen: Für eine vernünftige Verteilung der Arbeit und ohne den Terror der Bürokratie. Der „Pfiff" dieser Demonstration könnte darin liegen, dass ca. 200 - 300 Menschen mit einem Schildchen demonstrieren: Ich möchte als Altenbetreuer arbeiten; ich möchte in einem Jugendprojekt arbeiten; ich möchte als Märchenerzähler für Kinder arbeiten; ich möchte als Touristenführer arbeiten etc. Dieser Typ von Demo hätte ein anderes Gesicht. Menschen, die arbeiten wollen und wo alle sagen: das wäre sinnvoll. Diese Demo könnte vor den Parteizentralen stattfinden, aber auch vor der Arbeitsagentur. Auf anderen Schildern könnten unsere Forderungen nach Grundeinkommen, 10 Euro-Jobs, Mindestlöhnen etc. auftauchen. Bei dieser Demonstration wäre es absolut nicht peinlich, wenn „nur" 200 Demonstranten zusammen kommen. Es ginge um die zentrale Botschaft: Gesellschaftlich sinnvolle Arbeit gibt es zuhauf – und sie könnte auch gesellschaftlich bezahlt werden, wenn man die Verwaltungskosten der Arbeitslosigkeit (ca. 120 Mrd. Euro!) in Arbeitsplätze umschichtet.
Auch eine Besetzung von Arbeitsagenturen wäre zum Hartz-Schluss sicherlich passend. Ebenso eine Belagerung von oder Streiks bei 1-€-Job-Anbietern durch Außenstehende bzw. durch die dort Beschäftigten.
Wahlprüfsteine werden als Mauer aufgebaut.
Umrahmt von Pink Floyds Titel „The Wall" wird sie aus Kartons aufgebaut. Verschiedene Vereine, Gruppen usw. mit ähnlichem sozialem Anliegen nehmen daran aktiv teil, untermalen die Aktion mit eigenen Programmen. Sie kommen aus Friedensinitiativen und Initiativen zur Integration von Ausländern. Am Ende soll die Mauer abgetragen oder eingerissen werden – symbolträchtig mit einem Rammbock oder ähnlichem. Dahinter erscheint unsere Anforderung an die Wahlen: Weg mit den Hartz-Gesetzen!
Die Überflüssigen bleiben nicht länger unsichtbar.
Viele Menschen, die den Mut dazu aufbringen, können als "Überflüssige" auftreten. Bei Demonstrationen und bei Veranstaltungen der Parteien des sozialen Kahlschlags. Zuerst ist es ein mutiger Schritt. Wenn immer mehr Menschen ihn gehen, wird aber klar, dass die "Überflüssigen", die Rentner, die Erwerbslosen, die chronisch Kranken, die Flüchtlinge, fast die größte gesellschaftliche Gruppe sind und es ein gesellschaftliches und kein individuelles Problem ist, dass diese Gesellschaft immer mehr Menschen zu „Überflüssigen" macht.
Kein Mensch darf illegal sein, kein Mensch darf überflüssig sein!
Oder: Die Überflüssigen speisen im First-Class-Restaurant der jeweiligen Stadt. Sie schleichen sich mit guter Kostümierung ein. Sie verteilen Hartz-Speisekarten, sprechen Gäste an, pochen auf "Einladung" – nach 20 Minuten verschwinden sie, bevor die Polizei das zum negativen Spektakel umwidmen kann.
Wir fordern alle Menschen dazu auf, gemeinsam am 5. September ihre Wut auf die Straße zu tragen.
- Wir fordern gesellschaftliche Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohn- und Personalausgleich hin zu einem Neuen Normalarbeitstag von 6 Stunden, denn nur Arbeitszeitverkürzung schafft Arbeitsplätze.
- Wir fordern die Abschaffung der 1-€-Zwangsbeschäftigungen und die Schaffung von sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungen zu 10 €/Stunde für gesellschaftlich sinnvolle Arbeiten ohne Zwang.
- Ebenso fordern wir einen gesetzlichen Mindestlohn in mindestens entsprechender Höhe.
- Wir fordern ein bedingungsloses Grundeinkommen für alle, von dem man menschenwürdig und gut leben kann.
- Wir fordern ein Bleiberecht für alle hier lebenden Menschen.
- Wir fordern die Rücknahme der gesamten Hartz-Gesetze.
Mit solidarischen und kämpferischen Grüßen
Michael Maurer, Helmut Woda, Rainer Wahls, Detlef Spandau, Claudio Coladangelo, Ottokar Luhn, Renate Gass, Edgar Schu, Peter Grottian