Arbeitszeitverkürzung + gesetzlicher Mindestlohn
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--> Seit Juni 2006 konkrete Forderungen:
10 € Mindestlohn, 30 h Wochenarbeitszeit, 500 € Alg II-Regelsatz (repressionsfrei):
10/30/500 |
Das Aktionsbündnis Sozialproteste (ABSP) hat seit langer Zeit drei Forderungen für eine andere Sozial- und Arbeitspolitik formuliert:
Arbeitszeitverkürzung, gesetzlicher Mindestlohn, bedingungsloses Grundeinkommen/Regelsatzerhöhung (repressionsfrei)
Das Neue an der Position des ABSP, im Vergleich zu Positionen, die vorher von Gewerkschaften und verschiedenen sozialen Bewegungen vertreten wurden:
Es sei keine Entscheidung zwischen den drei verschiedenen Forderungen notwendig, sondern man solle es als einen Prozess begreifen, in dem jeder Fortschritt bei der Umsetzung einer der Forderungen die Möglichkeiten für die Umsetzung der übrigen zwei Forderungen jeweils positiv beeinflusse.
Dies ist die Position, die sich im ABSP als bundesweites Netzwerk von MitstreiterInnen aus sehr unterschiedlichen Strömungen verschiedener Verbände wie Gewerkschaften, Parteien und weiterer bisher als Konsens herausgebildet hat.
Die Haltung des Aktionsbündnis Sozialproteste: Sehr unterschiedliche Positionen seien richtig. Weil sie jeweils ein Teil der gesamten Realität der Arbeits- und Sozialpolitik seien.
Im Zuge der großen Mobilisierungen zum 3. Juni und zum 21. Oktober 2006 haben sich dann folgende drei Forderungen der sozialen Bewegungen, die von vielen Organisationen oder Initiativen so oder so ähnlich schon in der Vergangenheit formuliert worden sind, als sehr breiter Konsens heraus gebildet:
10,30,500: 10 €/h gesetzlicher Mindestlohn, 30 Stundenwoche bei vollem Lohn- und Personalausgleich, 500 € Regelsatz (repressionsfrei)
Ein paar Beispiele für die prozesshafte Verbindung der drei Forderungen:
Alle im letzten Abschnitt dargestellten Fortschritte würden überhaupt wieder erlauben, Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohn- und Personalausgleich zu denken. In der derzeitigen Situation ist bei Erwerbstätigen die mit Arbeitszeitverkürzung verbundene Vorstellung die eines weiteren Lohnverzichts.
Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohn- und Personalausgleich meint aber nicht den Lohnverzicht, der mit Teilzeitarbeit verbunden ist, sondern die Einführung eines neuen Normalarbeitstages: Nach einer solchen Reform der Arbeitszeitregelung würden z.B. (bei Einführung eines 6-Stunden-Normalarbeitstages) 6 Stunden Arbeit pro Tag in gleicher Weise als ganzer Arbeitstag bezahlt wie derzeit ca. 8 Stunden. Durch gewaltige Produktivitätszuwächse ist eine radikale Arbeitszeitverkürzung der historisch logische Schritt, der früher oder später auch folgen wird. Es ist schon sehr oft in der Geschichte so gewesen, dass die Arbeitgeber sich sehr lange gegen solche notwendigen und logischen Veränderungen gesperrt haben und sie erst in langen, zähen Auseinandersetzungen durch die ArbeitnehmerInnen erreicht werden mussten.
Die gegenwärtige Situation ist die, dass durch Produktivitätszuwächse die Summe der notwendigen Arbeit für die Herstellung aller Produkte, die der Markt braucht (1), stark abgenommen hat. Dadurch hat durch nicht stattgefundene allgemeine Arbeitszeitverkürzung die Erwerbslosigkeit enorm zugenommen. Der Druck der Arbeitslosigkeit - durch Hartz IV noch verstärkt um die Angst vor Demütigung in Erwerbslosigkeit - führt wiederum dazu, dass die Durchsetzungsfähigkeit der Erwerbstätigen für Arbeitszeitverkürzung (und ebenso für höhere Löhne) geschwächt ist und die Arbeitszeit durch die Arbeitgeber gegenwärtig noch gegen das Interesse der Erwerbstätigen und Erwerbslosen tendenziell verlängert werden kann. Hier ist das Bündnis der Erwerbstätigen mit den Erwerbslosen notwendig. |
Der Druck auf Erwerbslose durch Verknappung des ihnen zur Verfügung stehenden Geldes und durch Arbeitszwang stellt einen Druck auf alle Erwerbsfähigen, egal, ob mit oder ohne Arbeit, dar. Dadurch entsteht ein Druck auf die Löhne und hin zu längerer Arbeitszeit.
Dieser Erkenntnis folgen wir mit der Forderung nach einem repressionsfreien Alg II-Regelsatz von 500 €.
Und die nächsten Schritte? Ziel unserer sozialpolitischen Kämpfe ist weiterhin die Erstreitung eines bedingungslosen Grundeinkommens.
Aber die Modelle von Althaus und Götz Werner für ein Grundeinkommen bedeuten nach unserer Einschätzung eine weitere Umverteilung von unten nach oben:
Daraus folgt für uns: Wir wollen nur ein echtes bedingungsloses Grundeinkommen, sonst gar keines! Die Tagesforderung auf dem Weg dahin, die wir mit aller Deutlichkeit erheben, ist die nach einem repressionsfreien Arbeitslosengeld(Alg) II-Regelsatz von 500 €. Der Regelsatz des Alg II bestimmt ebenso die Höhe der Grundsicherung im Alter.
Dies sind die Forderungen, die das Netzwerk Grundeinkommen zu seiner Gründung aufgestellt hat. Ihnen schließt sich das ABSP prinzipiell an. Es sieht aber die Gefahren, die durch falsche Modelle eines Grundeinkommens ins Haus stehen, als bedrohlicher an als das Netzwerk Grundeinkommen dies tut. |
In den letzten Jahren ist es den Erwerbstätigen und den Gewerkschaften immer weniger gelungen, in Arbeitskämpfen angemessene Lohnabschlüsse durchzusetzen. Ein wichtiger Grund dafür ist die große Angst vor Demütigung in Erwerbslosigkeit, die jede Arbeitsstelle als besser als Erwerbslosigkeit erscheinen lässt und so den Arbeitgebern ein mächtiges Erpressungspotential in die Hand gibt. Durch Hartz IV wurde dieser Zustand noch einmal gewaltig verschärft. Sinkende Löhne haben sich negativ auf die Einzahlungen ins Renten- und Sozialversicherungssystem ausgewirkt.
Um die Lohnabwärtsspirale vor allem im unteren Lohnsegment zu stoppen, liegt die Forderung eines allgemeinen, branchenübergreifenden, gesetzlichen Mindestlohnes nahe.
Das Aktionsbündnis Sozialproteste begann im Herbst 2005, als eine der drei Forderungen, welche die "Forderungstriade" bilden, einen gesetzlichen Mindestlohn von 10 € zu fordern.
Der allgemeine gesetzliche Mindestlohn muss nicht, wie ein Tariflohn, nur durch die direkt in einer Branche des Arbeitsmarktes Beschäftigten eingefordert und erkämpft werden, sondern wird aus der gesamten Gesellschaft heraus als gemeinsamer Konsens eingeführt. |
Die DGB-Gewerkschaften fordern einen gesetzlichen Mindestlohn von 7,50 €. Die vereinigte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) und die Gewerkschaft "Nahrung, Genuss Gaststätten" (NGG) haben im Jahr 2006 eine große Kampagne "Kein Lohn unter 7,50 €" gestartet: www.mindestlohn.de.
Die Partei "DIE LINKE." fordert einen gesetzlichen Mindestlohn von 8,00 €.
Aus Sicht der Sozialproteste sind dies sicherlich Schritte in die richtige Richtung und machen den Weg frei für die Erreichung ihrer Forderung:
Ein sehr breites Bündnis sozialer Bewegungen, hier ist auch das Aktionsbündnis Sozialproteste dabei, fordert einen gesetzlichen Mindestlohn von 10 €.
In einem Flugblatt, welches durch mehrere, recht unterschiedliche, Akteure unterstützt wird, wird diese Forderung im Detail erläutert:
Kein Lohn unter 10 €! (Flugblatt als druckbare PDF-Datei, 400 kb)
Dezember 2007